Das Phänomen der unsymmetrischen Mikrofonaufnahme

Es war mir schon mal aufgefallen, ich hatte es jedoch ignoriert: Aufnahmen von Moderationen waren irgendwie schief, die Signale oberhalb der Nulllinie waren deutlich schwächer als die unterhalb. Ich schob das auf die Elektronik und ließ es gut sein, denn akustisch war ja alles in Ordnung. Bis ich eine neue Runde einlegte, den eingesprochenen Text für die Aussendung möglichst gut einzupegeln und Spitzen durch Schmatzer, Klicker oder Atmer zu nivellieren. Das geht ganz gut mit dem Hard Limiter in Adobe Audition, werde ich noch einmal separat beschreiben. Der Limiter brachte aber nur teilweise Besserung, denn ihm war es ja egal, ob die Signale positiv oder negativ waren. Das Ergebnis war ein schön nivelliertes Signal im positiven Bereich, aber der negative sah aus wie mit der Schere abrasiert. Was tun? Und warum ist das Signal so schräg? Wenn man es weiß, ist es plausibel.

Tatsächlich kann defekte Elektronik der Störenfried sein, zum Beispiel das Audio-Interface oder der Vorverstärker fürs Mikro. Da hilft nur tauschen oder raus nehmen. Manche Mikrofone liefern tatsächlich unsymmetrische Signale. War bei mir nicht der Fall, denn es passierte genau so beim dynamischen Procaster wie beim Kondensatormikro Rode NT1-A. Wie üblich lag das Problem vor dem Mikrofon. Und es ist alles plausibel, wenn man der Geschichte nachgeht. Stellt man sich vor, wie Schall im Kehlkopf entsteht, so schwingen die Stimmbänder in einem Luftstrom aus der Lunge. Heißt aber auch, dass die Stimmbänder einmal gegen den Luftstrom und einmal mit dem Luftstrom schwingen. Deshalb ist die Auslenkung gegen den Luftstrom bedämpft und das, was aus dem Kehlkopf heraus kommt, ist deshalb unsymmetrisch. Das ist aber nur ein Teil des Problems. Zusätzlich ist die Dämpfung durch den Luftstrom für den Grundton und die Obertöne, die den Klang ausmachen, unterschiedlich. Dadurch entstehen Phasenverschiebungen, die zu Auslöschungen führen. Auch die verursachen unterschiedliche Schwingungen im positiven und negativen Bereich. Aber wie bekommt man das wieder beseitigt?

Diesen Effekt kann man mit einem Phase Rotator beseitigen, der abhängig von der Frequenz die Phasen verschiebt. In Audition findet sich dieses Hilfsmittel in den Effekten, unter Stereodarstellung | Grafischer Phasenschieber. Die Einstellungen, die für das eigene Signal passen, muss man durch Experimentieren selbst heraus finden. Sie hängen nämlich vom Mikro, der eigenen Stimme und Stimmlage wie von Raumverhältnissen ab. Bei mir ergab sich -300° bis +200° als beste Einstellung. Danach sieht das Signal wieder sauber aus. Und der Limiter arbeitet dann auch ordentlich. Hier noch einmal der Link zum englischen Artikel dazu.

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